In der letzten Woche vor den Faschingsferien hat mich mein Sohn mit einem kleinen Mitbringsel aus der Schule überrascht. In einer Blechdose, die er von seinem Gartenbaulehrer bekommen hatte, lag gut gepolstert ein etwa drei Zentimeter großer schön geformter Klumpen aus Lehm und Sand (s. Foto). Am etwas schmaleren Ende des Klumpens ist eine Art Röhre angedeutet, deren Öffnung mit demselben Material perfekt verschlossen ist. Etwas vergleichbares hatte ich nie zuvor gesehen. Ich drehte den Klumpen vorsichtig um und merkte dabei, dass das Gebilde hart und durchaus stabil war.
Auf der Unterseite zeigt sich ein völlig anderes Bild: Hier ist der Klumpen offen, und ich sehe den Teil einer Puppe. An den Enden ist sie schwarz und im mittleren Bereich in einem dunklen rostrot gefärbt. Damit war mir klar, dass in diesem Lehmmantel ein zukünftiges Insekt schlummert. Mein Sohn erklärte mir noch, dass der Klumpen mit der offenen Unterseite an einem Brett geklebt habe und an dem Brett seien noch 10 bis 15 weiterer solcher Klumpen gehangen.
Also hatte dort ein Insekt in mehreren Brutzellen aus Lehm seine Nachkommen platziert. Blieb die Frage, welches Insekt hier am Werk gewesen war. Ich tippte zunächst auf eine Mörtelbiene, war mir meiner Sache aber nicht sicher und wollte auch nicht warten bis das Tier schlüpft. Daher fragte ich einen Entomologen am Naturkundemuseum in Stuttgart. Die Antwort kam prompt: Keine Mörtelbiene sondern eine Orientalische Mauerwespe (Sceliphron curvatum) wird im Frühling aus diesem Lehmmantel schlüpfen. Diese Art gehört zur Gattung der Grabwespen (Spheciformes) und ist ursprünglich in Asien beheimatet. Seit 1979 breiten sich diese Mauerwespen auch in Europa aus. In die Brutzelle kommen außer dem Ei bis zu 40 paralysierte Spinnen, die der Larve als Nahrung dienen, bis sie sich dann endlich verpuppt.
Die in Deutschland heimischen Mörtelbienen, wie beispielsweise die Schwarze Mörtelbiene (Megachile parietena), bauen ebenfalls Brutzellen aus Lehm und Sand und kleben diese an Steine oder andere raue Oberflächen. Leider sind diese mittlerweile in Deutschland sehr selten geworden.
Dieser Beitrag bilde den Auftakt zu einer Serie mit dem Titel „Staunen und lernen“, in der wir in unregelmäßigen Abstand Fundstücke oder Besonderheiten, die im Zusammenhang mit Hautflüglern stehen, vorstellen werden. Gerne greifen wir auch Ihre Anregungen oder Fundstücke auf.